1768 bis 1827: Schloss Pillnitz als kurfürstliche Sommerresidenz

Der Wunsch nach Rückzug aus der mehr und mehr bürgerlich dominierten Stadt und nach Aufenthalt in der Natur bewegte den 1768 an die Regierung gekommenen Kurfürsten Friedrich August III. (ab 1806 als Friedrich August I. König von Sachsen), seinen sommerlichen Wohnsitz schon bald bevorzugt in Pillnitz zu nehmen, wo er auch seinen bevorzugten Zeitvertreiben nachgehen konnte: der Botanik, Insektenkunde und Gärtnerei. Entsprechend betrafen die baulichen Maßnahmen zunächst die Gartengestaltung: Im Nordwesten wurde 1778 ein größeres Gelände zur Anlage des Englischen Gartens angekauft, der mit seiner geschwungenen Wegeführung den Anschein natürlicher Landschaft erwecken sollte. Inmitten dieses Gartens ließ der Kurfürst 1780/81 durch Johann Daniel Schade den Englischen Pavillon als privaten Rückzugsort zur Durchführung seiner Studien errichten. 1785 wurde das Gelände nach Norden um den Holländischen Garten (zur Blumenzucht; hierher gelangte um 1770 auch die berühmte, 1801 im Englischen Garten ausgepflanzte Pillnitzer Kamelie) und 1790 nochmals um den Chinesischen Garten mitsamt Chinesischem Pavillon (1794/95, Architekt: Christian Friedrich Schuricht) erweitert. Doch auch außerhalb des eigentlichen Schlossparks schlug sich die Natursehnsucht des sentimentalen Zeitalters nieder: 1785 wurde im Friedrichsgrund eine malerische Promenade für den Hof angelegt, und oberhalb des Talausgangs diente eine künstliche Ruine der Erweckung melancholischer Gefühle.

Seit den 1720er Jahren stand jedoch noch immer die Errichtung eines Schlossneubaus aus. Die bisherige zufällig entstandene Situation des Lustgartens mit den beiden chinoisen Palais im Nordosten und Südwesten und dem Alten Schloss und dem Venustempel im Südosten war in ästhetischer Hinsicht äußerst unbefriedigend. Die zahlreichen ab etwa 1780 angefertigten Entwürfe der Hofarchitekten (neben Schade war an diesen auch Christian Traugott Weinlig beteiligt) zur Errichtung eines großen neuen Schlosses an deren Stelle scheiterten jedoch vor allem an der angespannten Finanzlage des Kurfürstentums nach dem Siebenjährigen Krieg (1756-63). Zur Unterbringung des Hofstaats während der immer längeren Sommeraufenthalte des Kurfürsten wurden 1788-91 schließlich zu beiden Seiten von Berg- und Wasserpalais lange, über kurze Rundflügel angeschlossene Flügelbauten errichtet, die sich mit ihren geschweiften Dächern gut in die Anlage einpassen (Architekt wohl Oberlandbaumeister Christian Friedrich Exner). Von den ursprünglich zahlreichen frühklassizistisch ausgestatteten Räumen hat sich allerdings nur wenig erhalten. Die Fertigstellung der Bauten erfolgte rechtzeitig zum Treffen der Herrscher Sachsens, Preußens und Österreichs Ende August 1791 in Reaktion auf die Französische Revolution zwei Jahre zuvor. Mit der nach dem Verhandlungsort bezeichneten "Pillnitzer Konvention" stand der Ort ein einziges Mal im Fokus der Weltgeschichte.

Völlig unverhofft - Sachsen war zwar 1806 zum Königreich erhoben worden, hatte 1815 aufgrund seiner Bindung an Napoleon aber die Hälfte seines Territoriums verloren und politisch weitgehend bedeutungslos geworden - ergab sich 1818 die Gelegenheit, den lange gewünschten Schlossneubau doch noch zu errichten. Ein verheerender Brand hatte am 1. Mai Altes Schloss und Venustempel in Schutt und Asche gelegt. Wiederum in Anpassung an den exotischen Charakter der Anlage entstand in ihrer Stelle nach Entwürfen Schurichts das Neue Palais, eine nach Südosten zum Fliederhof geöffnete Dreiflügelanlage mit Repräsentations- und Wirtschaftsräumen und der (allerdings erst 1830 eingeweihten) Schlosskapelle. (TK)

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