Schloss Pillnitz 1694 bis 1763
Eine neue Ära für Pillnitz begann, als Kurfürst Johann Georg IV. am 31. Januar 1694 das Gut erwarb, um es kurz danach seiner Mätresse Magdalene Sibylle von Neitschütz zu schenken. Bereits wenige Wochen später befand sich Pillnitz im Besitz von Johann Georgs IV. Bruder Friedrich August I., nachdem der Kurfürst und seine Mätresse im April kurz nacheinander an den Blattern gestorben waren. Nach mehreren Verpachtungen und Scheinverkäufen wandelte der nunmehrige König von Polen August der Starke in den Fußstapfen seines Bruders und verkaufte Pillnitz 1707 an seine berühmte Mätresse Anna Constanze von Cosel. Neben der anzunehmenden Neuausstattung der Wohnräume im inzwischen doch recht veralteten Schloss konzentrierten sich die Umgestaltungen unter der Gräfin Cosel auf die Anlage der "Charmillen", des in zahlreiche rechtwinklige Heckenquartiere aufgeteilten Heckengartens im Nordwesten der Anlage zu Spiel und Zeitvertreib. Nach der Flucht der Cosel nach Preußen im Dezember 1715 und ihrer anschließenden Gefangennahme auf Burg Stolpen erwarb August der Starke Pillnitz im April 1718 zurück.
Sofort begannen großangelegte Erweiterungsplanungen. Im Rahmen einer Konzeption aller Schlossbauten im Lande war Pillnitz die Funktion als "Indianisches" Lustschloss zugedacht, worunter man eine exotische, chinoise Gestaltung verstand. Mit den Entwürfen für die Neugestaltung beauftragte der König zunächst Oberlandbaumeister Matthäus Daniel Pöppelmann, den Baumeister des Dresdner Zwingers. 1720 wurde zunächst mit der Errichtung des südwestlich des Alten Schlosses an der Elbe gelegenen Wasserpalais begonnen, wobei wohl auch ein bereits unter Joachim von Loß errichtetes zweites Lusthaus einbezogen wurde. Bis August 1721 wurde der aus drei Pavillons bestehende Bau mit zentralem Festsaal (zur Veranstaltung des alljährlichen Festes des von August gegründeten "Weißen Adler Ordens") im Äußeren fertiggestellt. Für den weiteren Ausbau des Geländes wurden mehrere, z.T. phantastisch anmutende Planungen erarbeitet, an denen neben Pöppelmann auch der Franzose Zacharias Longuelune beteiligt war. Nach diesen Entwürfen hätte die Anlage die komplette Ebene bis Hosterwitz eingenommen und sich über etwa 1000 m entlang der Elbe erstreckt. Der Bau eines neuen Schlosses anstelle des veralteten Renaissancebaues war immer Bestandteil der Planungen. Letztlich kam jedoch eine weitaus bescheidenere Planung zur Ausführung.
1723 bis 1725 wurde das Bergpalais als Kopie des Wasserpalais etwa 150 m bergauf errichtet, wobei die Hauptachse des Gartens überbaut wurde. Der Garten erhielt nun die um 90° gedrehte Ausrichtung nach Nordwesten, womit der Heckengarten der Gräfin Cosel geschickt integriert werden konnte. Zwischen Wasser- und Bergpalais wurde der Lustgarten mit Rasenflächen und Wasserspielen angelegt, nordöstlich des Bergpalais flankierten Baumalleen eine zentrale Schießbahn. 1725 kam dann im Norden der Spielgarten zur Anlage hinzu, die nun annähernd quadratische Grundform erhielt. Hier wie im Heckengarten sorgten zahlreiche Spielgeräte (Schaukeln, Wippen, Ballspiele, Ringrennen usw.) für die Zerstreuung der Gäste bei den zahlreichen hier ab 1725 veranstalteten Festivitäten. In diesen Zusammenhang gehört auch die Errichtung des Venustempels (dieser war 1719 zur Hochzeit des Kurprinzen im Großen Garten aufgestellt worden und diente nun der Aufhängung von Bildnissen schöner Damen) mit anschließendem Speisesaal auf dem Standort der Schlosskirche 1723. Für den abgerissenen Sakralbau wurde 1723-25 nach Pöppelmanns Entwurf die Weinbergskirche oberhalb des Schlosses errichtet.
War der Höhepunkt der in Pillnitz ausgerichteten Feste zu Lebzeiten Augusts des Starken das "Marsfest" vom Juni 1725, wurde die Anlage nach dessen Tod 1733 nur noch selten genutzt. Doch auch die Hochzeiten von 1738 (Prinzessin Maria Amalia mit König Karl III. von Sizilien) und vor allem von 1747 (sächsisch-bayerische Doppelhochzeit: Kurprinz Friedrich Christian mit Maria Antonia von Bayern, Kurprinz Maximilian III. Joseph mit Maria Anna von Sachsen) suchten mit den nächtlichen Illuminationen des Schlossparks und den gigantischen Feuerwerksaufbauten am anderen Elbufer (über 100 m lang und über 40 m hoch!) im 18. Jh. ihresgleichen (Entwürfe von Johann Christoph Knöffel und Christian Friedrich Exner). Ansonsten diente die Anlage nach 1733 lediglich dem gelegentlichen sommerlichen Aufenthalt der königlichen Prinzen bzw. wurde zwischen 1748 und 1764 dem Dresdner Gouverneur Friedrich August von Rutowski (einem unehelichen Sohn Augusts des Starken) als sommerlicher Wohnsitz überlassen. (TK)